WM in Oberstdorf: Von Maschinen und Mädels

Was für eine erste WM-Woche für das deutsche Skispringen in Oberstdorf: Karl Geigers Silbermedaille auf der Normalschanze folgte das vierte Gold bei Weltmeisterschaften in Folge im Mixed-Team mit den Hauptdarstellern Katharina Althaus, Anna Rupprecht, Markus Eisenbichler und eben Lokalheld Geiger. AVIA bat unseren Schanzenexperten Gerd Siegmund zum Stichwort-Interview.


Der coole Karl Geiger
Gerd Siegmund: Ich habe ihm mit den Worten „Glückwunsch, was bist Du nur für eine Maschine“, gratuliert. Es ist phänomenal, was er sich da antrainiert hat, auch mental. Er war ja in Oberstdorf im Training bestenfalls mal Siebenter, steigert sich dann wieder so auf den Punkt und zeigt seine besten Sprünge, wenn es drauf ankommt. Für diese Energieleistung kann man nur den Hut ziehen.

Das überraschende Gold im Mixed
Gerd Siegmund: Obwohl es das vierte Gold für Deutschland in Folge in diesem WM-Wettbewerb gab, sind wir diesmal wahrlich nicht als Favoriten gestartet. Deshalb ist die Freude dann auch doppelt so groß. Riesiges Kompliment an die Mädels, wie sie sich gegenüber der Saison gesteigert haben. So einen Auftaktsprung wie von Katha Althaus wünscht man sich. Auch Anna Rupprecht hat sich bravourös präsentiert. Da sieht man mal, welche Geschichten Teamspringen schreiben können. Einige wie Weltmeisterin Ema Klinec stürzen fast unter der Last, es ja nicht vermasseln zu wollen. Andere blühen dagegen auf. Die bisherigen WM-Bewerbe waren für mich eine eindrucksvolle Werbung für die Sportart.

Der strauchelnde Dominator
Gerd Siegmund: Vielleicht war es bei Halvor Egner Granerud tatsächlich so, dass er es besonders gut machen wollte – und dann klappt es ja oft gerade nicht. Eigentlich hat er aber vom ersten Training an nur einen schlechten Sprung gemacht, das war im ersten Durchgang im Einzel. Dann änderten sich noch etwas die Windverhältnisse. Und wenn bei Rückenluft der Sprung nicht funktioniert, das hat man auch bei Markus Eisenbichler gesehen, reicht es eben nur zur Mitte des Feldes. Es zeigt, wie eng es zugeht. Auch Ausnahmekönner müssen alles abrufen, um ganz vorn zu sein.

Die pfeifenden Anzüge der Österreichern
Gerd Siegmund: Ich stand selber daneben. Es hört sich sehr laut, aber von außen ist nichts zu erkennen. Solche Kniffe am Material funktionieren am besten, wenn man sich drei, vier Meter absetzt. Ich würde zwar erst mal die Großschanze abwarten. Aber wenn man so springt wie auf der kleinen Anlage, pfeifen zwar die Anzüge, aber der Schachzug, die Konkurrenz zu verunsichern, ist verpufft.  

Der lachende Weltmeister Zyla
Gerd Siegmund: Ja, er ist ein lustiger Vogel. Ich finde ihn cool. Auch wenn er mal schlecht springt, sieht man selten seinen Ärger. Seine enorme Absprungstärke hat ihm mit zu diesem Titel verholfen. Ich finde es schön, weil es zeigt, auch mit 34 Jahren kann man sich im Skispringen noch Träume erfüllen und Weltmeister werden. Ich weiß gar nicht, ob er aus dem Lachen schon herausgekommen ist.

Die Chancen von Martin Hamann
Gerd Siegmund: Die sind für einen Einsatz auf der Großschanze im Einzel und auch im Team intakt. Es wird im letzten Training wohl wieder wie auf der Normalschanze eine interne Ausscheidung geben, sogar mit Haltungsnoten von den Trainern. Der Vorteil diesmal: Es gibt aufgrund des Titelverteidigers Eisenbichler fünf Startplätze für Deutschland. Wenn Martin das springt, was er kann, besitzt er gute Chancen. Das Ziel, die Qualität und die Motivation hat er sicher.

Die weinende Weltmeisterin Klinec
Gerd Siegmund: Da ist wahrscheinlich alles rausgekommen, was sich bei der kleinen Slowenin über Jahre angestaut hatte. Sie hatte sich 2018 einen Tag vor Heiligabend bei den nationalen Meisterschaften in Planica auf der Großschanze das Kreuzband gerissen und einen Knorpelschaden im Knie zugezogen. Ema Klinec hat gezeigt, dass es nicht unmöglich ist, nach dieser schweren Verletzung ganz stark zurückzukommen. 
 

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