Die Situation ist nicht ungefährlich

Einmal Kamil Stoch, einmal Halvor Egner Granerud als Sieger und Markus Eisenbichler zweimal Vierter: Beim Skisprung-Weltcup in Titisee-Neustadt haben sich kurz nach der Vierschanzentournee die üblichen Verdächtigen durchgesetzt. Vor dem Weltcup am kommenden Wochenende in Zakopane bat AVIA Gerd Siegmund, der im Schwarzwald als TV-Experte vor Ort war, um seine Einschätzungen. Was das deutsche Team angeht, ist der ehemalige Weltcupsieger nicht frei von Sorgen.


AVIA: Hallo Gerd. Die geschlossen starke Mannschaftsleistung wie vor der Tournee hat es auch im Wohnort von Bundestrainer Stefan Horngacher nicht gegeben. Wie lautet Dein Fazit?

Gerd Siegmund: Ich würde sagen, es ist keine ganz ungefährliche Situation gerade. Es kommt jetzt mit Blick auf die WM eine entscheidende Phase. Athleten und Trainer sind angehalten, ein bisschen was zu finden, was auch immer. Die Leichtigkeit fehlt irgendwie. Ansonsten wird es bitter, dann trennt sich die Mannschaft in die Guten und die Schlechten. Für das Einzel mag das gehen, wenn zwei vorn sind, für den Teamwettkampf reicht es dann aber nicht mehr. 

AVIA: War bei Karl Geiger im Schwarzwald die Luft etwas raus?

Gerd Siegmund: Das wäre ein bisschen früh für diese Wertung. Es gibt schon immer wieder mal Schanzen, die einem nicht ganz so liegen. Nach seiner Aussage liegt es nicht an körperlicher Schwäche. In jedem Fall hat er auch einen neuen Schuh probiert. Im engen Kalender hast du sonst kaum Zeit im Training, mal ein paar Dinge zu testen, es sei denn, du lässt Weltcups aus. Bei seinem Gesamtstand wäre das aber nicht nachvollziehbar. 

AVIA: Markus Eisenbichler scheint sich wieder gefangen zu haben. Wie siehst Du das?

Gerd Siegmund: Er hat gezeigt, dass er auf dem Weg dorthin ist, wo er wieder gewinnen kann. Ich denke, dass er in Titisee gelassener mit der ganzen Situation umgegangen ist. Das stimmt mich positiv.

AVIA: Ein Wort zu Martin Hamann, bitte. 

Gerd Siegmund: Beim ersten Springen war er wieder zweitbester Deutscher und als 14. unter den Top 15. Am zweiten Tag erwischte er schlechte Windbedingungen und dazu noch einen schwachen Sprung. Ich sehe Martin aber weiter auf WM-Kurs, er wird seinen Weg gehen.

AVIA: Wenn Du Bundestrainer wärst, würdest Du jetzt mal einen Wechsel vornehmen, zum Beispiel Severin Freund und/oder Constantin Schmid ins Training schicken?

Gerd Siegmund: Zum Glück bin ich kein Bundestrainer… Ich weiß, dass er entschieden hat, dass das Team erst einmal so zusammenbleibt. Es findet in Zakopane auch nur ein Einzel statt, in dem sich einer wie Richard Freitag nochmal zeigen könnte. Ich denke, die Chance wird – wenn auch zeitlich auf der letzten Rille - noch kommen. In jedem Fall ist kommendes Wochenende in Innsbruck ein Continental-Cup. Auch dort wäre eine Empfehlung fürs Weltcupteam möglich.

AVIA: Nach Zakopane und Lahti gibt es in Klingenthal und Willingen noch zwei deutsche Weltcups vor der WM in Oberstdorf. Sind das die letzten Möglichkeiten, auf den WM-Zug aufzuspringen?

Gerd Siegmund: In der Vogtland-Arena und in Willingen wird es keine nationalen Gruppen geben. Die nimmt Deutschland immer zur Vierschanzentournee in Anspruch. Theoretisch wäre eine WM-Qualifikation auch danach bei den Springen in Polen, das für die ausgefallene Olympiaprobe in Peking einspringt, möglich.

AVIA: Wird dann erneut in Zakopane geflogen?

Gerd Siegmund: Das hängt davon ab, ob wieder Zuschauer ins Stadion dürfen. Wenn ja, würde es Zakopane machen, weil das Stadion größer und bei einer Maximalauslastung von zum Beispiel 20 Prozent mehr Menschen live dabei sein könnten. Wenn weiter keine Fans erlaubt sind, wäre Wisla wie zum Saisonauftakt der Gastgeber.

AVIA: Dann drücken wir die Daumen, dass in diesem Winter noch vor Zuschauern gesprungen werden kann. Vielen Dank fürs Gespräch. 
 

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News: Wintersport
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