AVIA-Skisprungexperte Gerd Siegmund: Das sind meine vier Tournee-Favoriten

Nach dem Weltcup ist vor der Vierschanzentournee. Mit den Siegen von Kamil Stoch (Polen) und Ryoyu Kobayashi (Japan) sind die Springen in Engelberg zu Ende gegangen. Nach der Generalprobe analysiert AVIA-Skisprungexperte Gerd Siegmund die Ausgangslage für den Schanzen-Grand-Slam zum Jahreswechsel.


AVIA: Hallo Gerd, auch in Engelberg spielte der Wind wieder eine Rolle, zumindest am Sonntag. Die Besten dieses Winters stört das aber offenbar weniger, oder?

Gerd Siegmund: Ja. Zunächst mal: Die Schweiz ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Grüne Landschaft und Plusgrade – das hatten wir bei den Eidgenossen im Dezember auch schon anders. Und zum Sport: Es hat sich zwar viel verändert im Skispringen, aber diejenigen, die in Form sind, setzen sich am Ende auch bei schwierigen Verhältnissen durch. Das war früher so, und das ist auch heutzutage noch so.

AVIA: Wer sind Deine Topfavoriten für die Tournee?

Gerd Siegmund: Mein Topfavorit ist Stefan Kraft. Hinzu kommen als Mitfavoriten die zwei Sieger von Engelberg. Wenn Kamil Stoch am Schanzentisch gerade rauskommt, springt er wie am Sonnabend. Und da wird es für alle schwer. Ryoyu Kobayashi ist noch nicht so stabil wie im Vorjahr um diese Zeit, aber mit ihm rechne ich. Und zum Glück - aus deutscher Sicht - gehört auch Karl Geiger zu meinem Favoritenquartett.

AVIA: Im Vorjahr zählte er auch zum Favoritenkreis. Dann wurde er zum Auftakt auf seiner Hausschanze Zwölfter…

Gerd Siegmund: Ich denke, dass Karl in dem Jahr einen Schritt nach vorn gemacht hat. Mit seinen Erfolgen bei der WM ist er insgesamt gereift und selbstbewusster geworden. Sein schlechtestes Saisonresultat steht mit Rang sieben zu Buche. Das sagt schon was aus. Aber die mentale Herausforderung besteht natürlich darin, dass er sich nicht bequatschen lässt. In dem Sinne, dass er oder die Deutschen in Oberstdorf die Tournee schon regelmäßig vergeigt haben. Er darf sich das nicht annehmen.

AVIA: Die Wunderheilung bei Richard Freitag gab es in Engelberg nicht. Wie siehst Du die Chance, dass er zur Tournee noch in Form kommt? 

Gerd Siegmund: 50/50. Sein Problem in der Anfahrt besteht nach wie vor. Es fehlt der Fluss im Sprung. Dass am Freitag in Engelberg mit Skispringen nichts ging, war gerade für die nach Form suchenden, die noch experimentieren, sehr schlecht. Er kann jetzt nur mit Trockenübungen quasi arbeiten und sich mental den Sprungablauf zurechtlegen, bevor es zur Tournee geht.

AVIA: Ist vorher noch ein Schanzentraining geplant?

Gerd Siegmund: In Oberwiesenthal war am Montag kein Sprungtraining möglich, der Auslauf der Fichtelbergschanze vereist. Vom Wetter hängt ab, ob die deutsche Mannschaft am 27. Dezember nochmal in Garmisch Partenkirchen springen kann. Ansonsten geht es erst zum Training und der Qualifikation in weiter.

AVIA: Die Vierschanzentournee verkörpert eine magische Anziehungskraft. Du warst in den 90er-Jahren selbst am Start. Was macht sie für Dich aus?

Gerd Siegmund: Die vollen Stadien sind einfach phantastisch. Ich habe als Kind im Garten selbst die Tournee nachgespielt. Wir waren auf den Schneeschanzen Nykänen, Weißflog oder Vettori. Als ich das erste Mal selbst bei der Tournee gesprungen bin, war ich vor der Qualifikation noch nervöser als beim Wettkampf. Es sind Freunde und die Familie da. Früher gab es den Länderkampf zwischen Deutschland und Österreich noch ausgeprägter als jetzt. Da hat man schon mal einen Schneeball aus dem Publikum an den Kopf bekommen.

AVIA: Vielen Dank für deine Einschätzung, Gerd, wir lassen uns überraschen, ob deine Prognosen so eintreffen.
 

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