Großes Skisprung-Kino zum Saisonauftakt in Wisla

Was für ein Saisonauftakt für die deutschen Ski-Adler beim Weltcup in Wisla: Nach dem Doppelsieg durch Markus Eisenbichler und Karl Geiger haben wir unseren Skisprungexperten Gerd Siegmund befragt.


AVIA: Hallo Gerd, für so einen perfekten Einstand wurden wohl die Worte „Start nach Maß“ erfunden. Wie lautet Dein Fazit?

Gerd Siegmund: Ja, ich würde es einfach grandios nennen. Die Deutschen wissen jetzt, wo sie stehen: ganz vorn. 

AVIA: Bevor Du näher auf das Sportliche eingehst, ein Wort zu den Gastgebern.

Gerd Siegmund: Großes Lob an die Organisatoren in Wisla. Der Hang war für die Jahreszeit gut präpariert. Auch die Hygienemaßnahmen wurden eingehalten. Der Weltcuptross wohnte abgeschottet allein im Hotel, etwa 10 Kilometer von der Schanze entfernt. Am Sonntag zur Abreise wurden die Springer auf Corona getestet.  Ich hoffe, dass alle einen negativen Befund hatten und in Ruka wieder am Start sind.

AVIA: Hast Du mit so einem Auftakt aus deutscher Sicht gerechnet?

Gerd Siegmund: Wir sollten jetzt nicht jedes Wochenende Doppelsiege erwarten. Aber wenn sich ein Markus Eisenbichler bei der Deutschen Meisterschaft im Vergleich zum Gesamtweltcup-Zweiten Karl Geiger so deutlich absetzt, war damit zu rechnen, dass er international weit vorn ist. Das war von beiden schon großes Kino. Auch Martin Hamann hat im zweiten Durchgang gezeigt, dass sein zweiter Platz zur DM kein Zufall war und er mit seinen besten Sprüngen in der Weltelite mitmischen kann.

AVIA: Und dass er an der Landung im hohen Weitenbereich noch arbeiten muss… 

Gerd Siegmund: 138,5 Meter sind schon ziemlich weit unten. Ich bin erst mal froh, dass er diesen Flug gezeigt hat und beim Sturz nichts weiter passiert ist. Im schlimmsten Fall kann eine Saison auch schon mal vorbeisein, ehe sie angefangen hat.

AVIA: Es gab Zeitungen, die haben bei Eisenbichler bereits Vergleiche zu Schmitt und Hannawalds Erfolgszeiten angestellt. Bist Du auch so euphorisch?

Gerd Siegmund: Das wäre ein bisschen früh nach dem ersten Weltcup der Saison. Aber klar ist auch, dass es kein Zufall war. Wenn Markus noch einen normalen Sprung im Finale des Teamwettbewerbs macht, gewinnt Deutschland den auch. Da fehlt es noch etwas an Konstanz. Und nach wie vor braucht man im Skispringen immer auch ein bisschen das Windglück.

AVIA: Das dürften andere Nationen auch gespürt haben, oder?

Gerd Siegmund: Stefan Kraft hatte es sicher nicht optimal im Einzel. Aber man sieht auch: Das Niveau ist so hoch, der Anlauf so gering – da verpasst du mit einem kleinen Fehler auch schnell mal das Finale. Selbst dem Weltcup-Titelverteidiger geht das so – und den Norwegern Tande und Johansson passierte das auch.   

AVIA: Hat den Polen mit ihrem Starspringer Kamil Stoch das frenetische Publikum in Wisla gefehlt? 

Gerd Siegmund: Das glaube ich nicht. Vielleicht haben sie sich gerade deshalb schwergetan und besonders unter Druck gesetzt, weil keine Zuschauer dabei sein durften. Stoch hat aber in der Qualifikation seine Topqualitäten bewiesen. Da würde ich jetzt mal abwarten. Die Polen sind nach wie vor stark einzuschätzen.

AVIA: Teilst Du diese Auffassung auch für Ryoyu Kobayashi?

Gerd Siegmund: Da sind mir ein paar technische Dinge negativ aufgefallen. Er bringt seine Kraft nicht optimal auf die Schanzentischkante, die Sitzposition in der Anfahrt erscheint mir auch etwas zu hoch. Womöglich stimmt beim Absprung das Timing nicht. Solche Dinge lassen sich aber schnell abstellen.

AVIA: Dann auf zum nächsten Streich nach Ruka in den Norden Finnlands. Vielen Dank für Deine Analyse. 

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