Mögliche Folgen der Pandemie im Skispringen

Am Wochenende steht auf der modernisierten WM-Schanze in Oberstdorf die Deutsche Meisterschaft im Skispringen an. AVIA-Skisprungexperte Gerd Siegmund hatte bereits einen interessanten Ausblick auf den kommenden Winter gegeben. Nun spricht der einstige Weltcupsieger über mögliche Folgen der Pandemie, die für den einen oder anderen Springer vielleicht sogar etwas Gutes haben könnte.


AVIA: Hallo Gerd, hat es denn Reaktionen nach Deinen Überlegungen zum bevorstehenden Weltcupkalender gegeben?

Gerd Siegmund: Es gab schon einige Daumen nach oben. Ansonsten zeichnet sich ja ab, dass Veranstaltungen mit Zuschauern und generell das Reisen in die Weltcuporte aufgrund der steigenden Corona-Zahlen wohl eher schwierig werden. Ich würde mich natürlich freuen, wenn der Kalender so funktioniert wie geplant.

AVIA: Ist es für den Springer nicht frustrierend, vor fast leeren Rängen zu springen? 

Gerd Siegmund: Die Auswirkungen, wenn es kein Publikum gibt, werden von Springer zu Springer typbedingt unterschiedlich sein. Zu meiner aktiven Zeit hatten wir auch bei der Tournee volle Stadien, sind danach in Engelberg vor nur wenigen Fans gesprungen. Wenn überhaupt, dann kommt das vielleicht einem Athleten zugute, der nicht so gut mit dem Rummel oder Trubel klarkommt. 

AVIA: Was bedeuten die Maßnahmen noch für den Springer?

Gerd Siegmund: Ich denke, die Wintersportler trifft die Sache am wenigsten, was die eigene Herangehensweise angeht. Schon in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt: Wenn ein Athlet vor etwas Angst hatte, dann war es die, in der Hauptsaison zu erkranken. Desinfektionsmittel sind schon vor Corona rege im Gebrauch gewesen. Jeder Profi weiß, dass er mit dem Sport sein Geld verdient, deshalb hat er schon immer Vorkehrungen getroffen, um Erkältungsrisiken zu minimieren. 

AVIA: Es hat dieses Jahr nur einen Sommer-Grand-Prix gegeben, im April und Mai waren Schanzen- und Mannschaftstraining durch den Lockdown meist nicht möglich. Wie bewertest Du das?

Gerd Siegmund: Wenn man aus der Pandemie etwas Positives ziehen kann, dann dieser Aspekt: Die Nationen sind zu einer längeren Pause gezwungen gewesen. Das muss für den einen oder anderen nicht schlecht gewesen sein, gerade wenn ich an Athleten wie einen Daniel André Tande, Richard Freitag oder Markus Eisenbichler denke. Sie hatten in den letzten Jahren mit Erkrankungen und Verletzungen zu kämpfen. Ihnen könnte die Zwangspause sogar gutgetan haben, weil sie sich richtig erholen konnten.

AVIA: Wirtschaftlich gibt es wohl die größten Probleme, oder?

Gerd Siegmund: Das sieht so aus. Nur das Beispiel Norwegen: Weil das Holmenkollen-Skifestival ohne Zuschauer stattfand, die Raw-Air-Tournee vorzeitig abgebrochen wurde und der alpine Super-G in Kvitfjell wegen Nebels abgesagt werden musste, fehlten dem Skiverband Norwegens mal schnell rund zwei Millionen Euro. Die Folge ist, dass die Skispringer 30 Prozent Gelder einsparen müssen, deshalb der B-Kader aufgelöst wurde. Wenn im Winter keine Weltcups stattfinden könnten, dann stünden einige Skiverbände finanziell vor dem Ruin.

AVIA: Bei den drei Sommerwettkämpfen sorgte Martin Hamann mit zwei Siegen im Conti-Cup für positive Schlagzeilen. Du bist sein Manager. Ist jetzt der Knoten bei ihm geplatzt?

Gerd Siegmund: Das hoffe ich stark. Auch beim Sommer-Grand-Prix in Wisla ist er im Training wie bei seinen Siegen im COC gut gesprungen, hat es dann aber im Wettkampf nicht gezeigt und ist 15. geworden. Martin hat im Sommer zwar nicht mit dem A-Nationalteam trainiert. Ich bin aber guter Dinge, dass er sich schon bei den Deutschen Meisterschaften in Oberstdorf gut in Szene setzt. 

AVIA: Dankeschön Gerd für deine Einschätzung.

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