Letzte Chance für Peking

Kommt noch einmal Bewegung in die Nominierung für die Winterspiele? Fünf Startplätze hat Stefan Horngacher zur Verfügung. Am Wochenende bietet sich im Sapporo-Ersatzort Titisee-Neustadt die letzte Chance, beim Bundestrainer Eindruck zu hinterlassen. AVIA hat seinen Skisprungexperten Gerd Siegmund gebeten, die Lage zu beleuchten.


AVIA: Hallo Gerd, es wird spannend, was die Olympiaqualifikation betrifft. Wie siehst Du die Situation?

Gerd Siegmund: Logischerweise sind Karl Geiger, der sich in Zakopane als Zweiter gut erholt gezeigt hat, und Markus Eisenbichler fix für Peking. Bei beiden habe ich mir auch keine Sorgen in Richtung Olympia gemacht. Auch Stephan Leyhe ist bereits vom Bundestrainer nominiert worden. Danach bin ich gespannt, ob noch einmal Bewegung in die Geschichte hereinkommt. Das ist zwar eher unwahrscheinlich. Aber in Titisee wird es eine nationale Gruppe geben, in der zum Beispiel auch Richard Freitag das erste Mal in diesem Winter eine Weltcupchance erhält. Und es ist ja nicht so, dass hinter dem genannten Top-Duo alles bestens läuft.

AVIA: Wie schätzt Du die Lage diesbezüglich ein?

Gerd Siegmund: In anderen Disziplinen wie der Kombination oder im Skispringen der Damen ist man sehr ergebnisorientiert vorgegangen. Das ist auch richtig. Severin Freund hat erst eine halbe Norm erfüllt. Aber es muss vieles in die Entscheidung einfließen. Wie ist die Tendenz in der Form, auf wen ist Verlass, wenn es darauf ankommt und so weiter.

AVIA: Wenn „the trend ist your friend“ nicht nur an der Börse zutrifft, wird es für Pius Paschke oder Constantin Schmid vermutlich eng in Sachen Olympia, oder?

Gerd Siegmund: Paschke und Schmid haben vor, während und nach der Vierschanzentournee ein paar Probleme gehabt. Stephan Leyhe ist da noch der Stabilste. Aber da muss man abwarten, ob er eine komplette Saison nach einem Jahr Wettkampfpause durchstehen kann. Der zweite Platz im Team in Zakopane, wo es kräftig geweht hat, kann auch schnell ein sechster Rang sein. Davon soll man sich nicht täuschen lassen. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Kräfteverhältnis nationale Gruppe und Weltcupstarter darstellt. Wer noch nach Peking will, muss auf jeden Fall die Norm erfüllen. Und dazu bleibt nur der Samstag, weil der Bundestrainer danach die restlichen zwei Plätze vergeben will. Das hat er zumindest so angekündigt.

AVIA: Ist Dir in Zakopane international noch etwas aufgefallen?

Gerd Siegmund: Zunächst war es schön, vor 9000 Fans wieder einmal Stimmung beim Skispringen zu erleben. Sportlich hat man gesehen: Auch ein Ryoyu Kobayashi muss Topsprünge abliefern, um zu gewinnen. Bei den Norwegern konnte ich technisch nicht so gute Abgänge bei Halvor Egner Granerud beobachten. Dafür weiß sein Landsmann Marius Lindvik derzeit umso besser, wie Skispringen geht. Bei den Österreichern steht die Frage, ob die Auszeit von Stefan Kraft etwas bringt und er in alter Stärke zurückkehrt. Olympia ohne ihn ist kaum vorstellbar.

AVIA: Apropos, nicht nur die Form ist eine große Herausforderung für die Athleten…

Gerd Siegmund: Ja, wer jetzt noch einen positiven Corona-Test hat, ist fast raus aus dem Spiel. Leider. Und mit Daniel André Tande und Fredrik Villumstad hat es laut norwegischem Fernsehen bereits zwei Springer erwischt. Lindvik soll deshalb auch in Quarantäne sein. Tande ist zwar für Olympia nominiert worden, aber das muss man abwarten. Jeder Athlet wird momentan alles Mögliche tun, um sich nicht noch zu infizieren.

AVIA: In diesem Sinne, alles Gute und vielen Dank fürs Gespräch

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News: Wintersport
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