Auch am frühen Morgen auf Topniveau

Auf der zweiten Weltcupstation in Ruka feierten Anze Lanisek sowie Stefan Kraft gemeinsam mit Halvor Egner Granerud die Siege im Einzel. Über die ungewöhnlichen Startzeiten, das deutsche Auf und Ab und die Aussichten auf den Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt hat sich AVIA mit seinem Skisprungexperten Gerd Siegmund unterhalten.Auf der zweiten Weltcupstation in Ruka feierten Anze Lanisek sowie Stefan Kraft gemeinsam mit Halvor Egner Granerud die Siege im Einzel. Über die ungewöhnlichen Startzeiten, das deutsche Auf und Ab und die Aussichten auf den Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt hat sich AVIA mit seinem Skisprungexperten Gerd Siegmund unterhalten.


AVIA: Hallo Gerd, auf deine alten Tage macht dich deine geliebte Sportart jetzt noch zu einem Frühaufsteher… Musstest du dir den Wecker stellen, um die Springen in Ruka zu sehen?

Gerd Siegmund: So ungefähr. Mein Sohn Levi hat mich am Nachmittag gefragt, ob wir - wie immer, wenn ich zu Hause bin - jetzt Skispringen im Fernsehen anschauen. Da habe ich ihm gesagt, wer zu spät kommt… Aber das sind natürliche ungewohnte Zeiten, die man aus internationaler Sicht gewählt hatte, um nicht mit den TV-Übertragungen der Fußball-WM zu kollidieren.

AVIA: Hat sich das frühe Aufstehen gelohnt?

Gerd Siegmund: Auf jeden Fall. Auch in dieser frühen Morgenstunde haben wir Springen bei tollem Winterwetter auf Topniveau gesehen. Insgesamt finde ich es schon bemerkenswert, auf welch hohem Niveau bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison gesprungen wird. Und da reicht es bei einem Wackler auch für Etablierte wie Ryoyu Kobayashi am Samstag oder Karl Geiger am Sonntag schnell mal nicht fürs Finale.

AVIA: Von den deutschen Ski-Adlern liegt nach vier Springen mit Pius Paschke der Beste auf Rang elf im Gesamtweltcup. Was lässt sich daraus ableiten?

Gerd Siegmund: Ich würde jetzt nicht von einer Krise sprechen. Klar sind die Ergebnisse noch nicht die, die man sich wünscht. Was ich aber als wichtiger empfinde: Karl Geiger, Markus Eisenbichler, Andreas Wellinger und auch Stephan Leyhe haben in Einzelsprüngen gezeigt, dass sie ganz vorn mitmischen können, wenn alles zusammenläuft. Was fehlt, ist die Stabilität. An der muss bis zum nächsten Weltcup, der ja erst nächste Woche in Titisee-Neustadt stattfindet, gearbeitet werden. 

AVIA: Könnte sich im Schwarzwald der Heimvorteil positiv auswirken?

Gerd Siegmund: Ich denke nicht, dass die Mannschaft vorher auf der Schanze trainieren kann. Eher wird man froh sein, wenn die größte Naturschanze der Welt bis zum offiziellen Training fertig präpariert ist. Von daher ergibt sich da aus meiner Sicht kein Vorteil. Aber ein Springen vor heimischen Fans kann ja immer mal beflügeln.

AVIA: Hat dich in Ruka international gesehen etwas überrascht?

Gerd Siegmund: Die Österreicher sind in den vergangenen Jahren oft erst zur Tournee in Topform gekommen. Da beeindruckt die mannschaftliche Stärke schon, allen voran Stefan Kraft. Dawid Kubacki schwebt nicht mehr so über den Dingen wie im Sommer, hat aber nach wie vor einen Riesenqualität und führt noch mit fünf Zählern vor Kraft im Gesamtweltcup. Mit Blick auf die WM in Planica finde ich es auch schön, dass die Slowenen mit Anze Lanisek auf einen Superflieger in ihrem Team bauen können. 

AVIA: Und die Norweger haben auch einen Topmann, wenn es bei Olympiasieger Marius Lindvik noch nicht 100 Prozent läuft.

Gerd Siegmund: Halvor Egner Granerud hat definitiv im Sommer und Herbst an seinem – ich sage mal „Rechtsdrall“ - im Flug und bei der Landung gearbeitet. Das war auch nötig. Noch gelingt es ihm nicht dauerhaft, infolge eines Absprungfehlers so weit nach rechts abzudriften. Aber wenn er das Problem in Griff hat, ist er schwer zu schlagen.

AVIA: Zum Schluss noch ein Test an dein Erinnerungsvermögen. Musstest du auch mal auf deine Skier, die auf dem Flughafen verschollen sind, warten?

Gerd Siegmund: Nein, oder ich habe es tatsächlich vergessen. In jedem Fall finde ich es sehr angenehm, dass die Nationen im Verbund mit dem Weltverband kurzerhand die Qualifikation auf den Samstag verlegt haben. Das zeigt, bei allem Ehrgeiz und Wettbewerb zählt in der Skisprungfamilie auch noch der Fairnessgedanke.

Vielen Dank fürs Gespräch, Gerd!

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News: Wintersport
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